Dienstag, 17. Mai 2016

Wandern

Über die berühmte Serpentinenstraße des Gorges de Dadés gelangen wir tief hinein ins Dadestal, das wir uns für eine Wanderung ausgesucht hatten. Die Straße ist auch für uns, die wir das Fahren in den bergen gewohnt sind ein Erlebnis. Die Schlucht mindestens genauso.






Am Ausgang der Schlucht liegt unser kleines Berghotel umgeben von Pappeln, inmitten der Flussoase. Gleich dahinter schließen sich die Obstgärten mit Feigen-, Mandel-, Aprikosen- und Granatapflebäumen an. Oasen erwecken immer den Eindruck als träume man, in diesem Fall vom Paradies zwischen steil aufragenden schroffen, roten Felsen. 




Wir haben uns für die Wanderung einen Führer genommen, der uns am Fluss entlang zu kleinen Kasbahs führt oder uns in den winzigen Dörfern mit dem Leben am Fuß des Hohen Atlas vertraut macht. 


saftig grüne Weizenfelder

Mohammed erklärt uns das Bewässerungssystem, die Sagias

eine bewohnte Kasbah am Fluss




ausgetrocknetes Flusstal

Straße im Dadestal

Dorfstraße

Hausgarten

zurück in der Schlucht




Montag, 9. Mai 2016

Reiseroute



Wir sind in 10 Tagen 1700 km durch Marokko gereist, davon ein Drittel mit dem Zug, die restlichen Kilometer mit einem Mietwagen. Es war ein angenehmes Reisen auf überwiegend guten, wenn auch schmalen Straßen, mit vielen Eindrücken von einem wunderschönen Land in unglaublichen Farben.

Wir fuhren ganz altmodisch mit Straßenkarte -Michelin 742 National Marokko - ohne Navi.
Die Straßenbeschilderung ist in den Städten etwas dürftig, über Land gab es aber nie Unklarheiten.

Viel Verkehr erlebten wir nur auf der Strecke zwischen Ourzazate - Marrakech, der Hauptverbindungsstrecke in Nord-Süd- Richtung. Zur Zeit ist die Atlasüberquerung ein riesiges Baustellenprojekt und wir hatten hierfür zusätzlich richtig schlechtes Wetter.

Die Polizeikontrollen im ganzen Land gelten hauptsächlich der Geschwindigkeitskontrolle und scheinen eine der wichtigsten Einnahmequellen zu sein. An anderen Kontrollpunkten wurden wir hin und wieder gestoppt, freundlich danach gefragt, woher wir kommen, ob wir zum erstmal durch Marokko reisen und ob uns das Land gefällt. Es schafft Sympathien - zumindest im Norden - , wenn man hierfür etwas französisch kann.

Bei der Reiseplanung hatten wir eine perfekte Unterstützung durch den Reiseveranstalter
www.erlebe-marokko.de
und die zugehörige Agentur vor Ort - Orion Trek Voyages



wir verlassen Fes in Richtung Mittlerer Atlas durch ein frühlingsgrünes Land

Schneeschranken im Mittleren Atlas

vierspurige Einfahrt nach Midelt, vor uns der Hohe Atlas mit letzten Schneefeldern

Durchgangsstraße in der Wüstenstadt Rissani

Piste zur Oase Merzouga


Dromedare ziehen über die Straße

am Rande der marokkanischen Sahara

Berühmte Serpentinen zur Dades-Schlucht


Piste nach Ait Behaddou

hinein in die Wolkenwaschmaschine über dem Hohen Atlas


Großbaustelle auf der Passstraße



Samstag, 7. Mai 2016

Ein Traum


Der blassviolette Himmel nimmt langsam orangegoldene Töne an, die graubraunen Sanddünen färben sich honiggelb, dann brechen die ersten Sonnenstrahlen durch und tausende von verschlammten Wanderstiefeln reihen sich an den scharfen Sandkanten entlang. Das ist das Zeichen für den Aufbruch der Schuhputzer, die mit einer Maultierkarawane über den roten Teppich, der bereits für die Ankunft des Königs ausgerollt wurde, der Sonne entgegenziehen. Starfighter steigen auf und fallen in mehreren Loopings wieder vom Himmel, vielfarbige Kondensstreifen hinterlassend.

Keine Sorge! Das war nur ein Traum mit Bruchstücken nicht verarbeiteter Eindrücke unserer Reise durch Marokko.

Nun bin ich wach und wir packen unsere Reisesouvenirs zusammen. Ein letzter Streifzug durch die verschlafenen Souks, vor zehn Uhr morgens schiebt kaum ein Händler seine Rolltore hoch, noch ein paar Datteln, Nüsse und Konfekt für die letzten Dirhams einkaufen, und dann ab zum Flughafen von Marrakech mit der Gewissheit wiederzukommen. 
Es ist jedoch nicht Marrakech, das in uns so in den Bann gezogen hat. Es sind die Berge des Atlas und die dahinterliegenden Wüsten und Oasen und deren Bewohner, die wir mit mehr Zeit besuchen und entdecken wollen.

Mit unserer Rückreise hört dieser Blog aber noch längst nicht auf. Es gibt viele, viele Fotos, die folgen werden und unsere ganz persönlichen Tipps, für alle die eine Marokkoreise planen.

Eins vorweg: das Land leidet unter den einbrechenden Touristenzahlen aufgrund der weltweiten Terrorgefahr. Wir fühlten uns sehr sicher! Marokko braucht Touristen und Reisende!

Einkaufen und Kochen mit Lalla Fatima

Marrakesh abseits der Touristensouks erleben wir heute mit Lalla Fátima. Wir werden mit ihr im Quartier Mellah, dem jüdischen Viertel, über den Markt gehen und alle Zutaten für ein traditionelles, marokkanisches Essen einkaufen. Lalla Fátima ist eine sehr moderne Frau, nicht nur was ihr Äußeres betrifft. Sie fährt Auto und verdient den Lebensunterhalt für die Familie mit ihren Kochworkshops.
Wir beginnen in der Herboristerie (ein Zwischending von Gewürzladen und Apotheke) denn die Gewürze, die wir brauchen, sollten nicht an den offen Markständen gekauft werden. Zuerst dürfen wir uns durch die verschiedenen Gläser hindurchschnuppern: Schwarzkümmel, Kreuzkümmel, Marokcurry, Muskatblüte, Kardamom, Zimt, Nelken, Sternanis - alles keine Unbekannten, doch die Kombination ist interessant und findet seinen Höhepunkt im Raz el Hanut, der Mischung aus 35 Gewürzen. Wie üblich trinken wir während dieser Kostproben Tee, diesmal eine Mixture Berbère.
Weiter geht es zu den Fleisch-und Fischhändlern. Würden wir uns für unseren Kochkurs für Huhn entscheiden, dann müsste eins der im Käfig Sitzenden frisch geschlachtet und gerupft werden. Wir nehmen lieber Fisch, der ist schon tot! Da werden wir gleich noch von einem Freund von Fátima eingeladen, frisch gegrillte Sardinen in der Fischbude mit zu essen, sozusagen als Appetitmacher. Die knusprigen Fische kommen auf ein Blatt Papier, gegessen wird mit der rechten Hand. 
Gegenüber sitzt ein alter Mann auf der Straße, einen Eimer mit Eiern vor sich. Wir kaufen 10 Stück, er kann nicht wechseln. Verschmitzt erklärt er, dass ihm seine Frau am Abend immer das ganze eingenommene Geld abnimmt und er morgens nicht mal mehr kleine Münzen zum Wechseln hat.
Gemüse und Obst wird entweder auf Karren oder auf alten Säcken, die auf der Straße ausgebreitet liegen angeboten. Eingelegte und gewürzte Oliven, eingesalzene Zitronen, getrocknete Früchte und Nüsse werden aus Läden herausverkauft, die nicht größer als ein Schrank sind. 
Marokkanische Frauen sind sehr wählerisch beim Einkauf, die Ware wird mehrfach in den Händen hin- und hergedreht, bis sie als gut befunden in die Plastik!tüte wandert.
Gefeilscht wird hier nicht. Alles hat seinen Preis und der ist sehr gering.
Am Eingang des Souks steht ein Fahrrad mit zwei Körben rechts und links, aus denen frisches Grün herausragt. Es kühlt die Buttermilch, die in 30 Liter-Kannen heute morgen frisch zum Markt gebracht wurde. Auf dem Fahrrad! 40 km weit, wie der Händler Fátima erzählt. Die Buttermilch wird zum Couscous gegessen oder gleich hier am Fahrradstand frisch genossen. Eine Schale für 1 Dirham.
Vollgepackt mit Lebensmitteln holen wir zunächst noch Gabriel, Fatimas kleinen Sohn von der Großmutter ab, dann fahren wir aufs Land, wo sie ihr Haus und ihre Kochschule hat. Dort erwartet uns schon, Aisha, ihre Assistentin - mit Tee, natürlich. Nichts beginnt ohne ein Glas Tee.
Während Piet und ich die Zutaten für die Fischtajine, den Rote Beete Salat, die Auberginenchips und die Gurken-Orangen-Suppe schnippeln, zündet Aisha Holzkohlestückchen für die Tajineöfchen an. Es sind tönerne Feuerstellen, auf die der ebenfalls tönerne Tajinetopf, bestehend aus einer Schüssel mit einem hohen, spitzen Deckel gesetzt wird. 
Während Fisch, Gemüse und Gewürze vor sich hinschmurgeln, bleibt Zeit für Gespräche und den kleinen Gabriel. Wir sitzen in der offenen Küche des nur eingeschossigen Riad (in den Städten sind die Häuser alle höher) und lassen uns von den Schwierigkeiten, aber auch den positiven Veränderungen des marokkanischen Alltags erzählen. Hier im Innenhof-Garten von Fatimas Haus mit seinen Orangen- und Olivenbäumen und seinen überbordenden Bougainvilleas, sieht die Welt zwar einfach, aber gar nicht ärmlich aus. Draußen jedoch, vor den Mauern, oder in den Baracken der Nachbarschaft offenbart sich das ganze Elend einer Gesellschaft ohne Zukunft. 
Der Orient ist hier nicht das bunte, glitzernde Kaufhaus Marrakech, sondern schlicht und ergreifend Armut, weil viele derer, die an den Stadträndern leben, zwischen Tradition und Moderne im Nichts hängenbleiben.

Donnerstag, 5. Mai 2016

Der Hohe Atlas

"Sie haben beim Aufwachen am nächsten Morgen einen grandiosen Blick über den Fluss auf den Ksar", versprach der Patron de Maison gestern Abend. Ja, wenn es denn nicht in Strömen regnen würde. Wie gut, dass wir unseren Streifzug durch Aït Benhaddou schon gestern Abend unternommen hatten.
Also starten wir bereits nach dem Frühstück zu unserer kurvenreichen Fahrt nach Marrakech über den Hohen Atlas. Unsere Idee, eine Nebenstrecke über Telouet mit 30km Piste zu fahren, lassen wir aufgrund der Wetterbedingungen ebenfalls sausen. Wir überqueren den 2260 m hohen Pass Tizi-n Tichka ohne anzuhalten, denn man sieht gerade mal das Pass-Schild und weiter nichts. Dass unser Auto aussieht, als wären wir off-Road gefahren, haben wir den verschlammten Baustellenspuren zu verdanken, die wir statt Straße, eingeklemmt zwischen Viehtransportern und Caterpillars, auf der nordseitigen Abfahrt passieren müssen. 
Dann aber, ab Taddert lässt sich endlich wieder die Sonne blicken und wir dürfen doch noch die grandiose Schönheit der Hänge des Atlasgebirges erleben. Die Farben Marrokos: das Gestein in schwarz und rot in allen Schattierungen, dazwischen die schmalen grünen Bänder der Flussoasen und die erdfarbenen Bruchsteinhäuser der Dörfer. 
Und dann kommt der Duft! Rechts und links der Straße wachsen meterhohe Oleander, Weihrauchwacholder und weiß blühende Zistrosen. Als ich glaube, auch noch Schopflavendel zu entdecken, bin ich komplett aus dem Häuschen. Er entpuppt sich jedoch als besonders farbintensive Natternkopfvariante, die die steilen Felswände in einen violetten Berg verwandelt. Kein Duft, aber unglaublich schön!
Als uns die Stadt wieder hat, schaffen wir es gerade noch vor einem Monster-Gewitter unser Riad in der Medina zu erreichen. Dann fallen "Steine" vom Himmel: es hagelt pflaumengroße Eisstücke. 
Zwei Stunden später ist auf dem Djamâa el-Fna alles wieder so als wäre nichts gewesen: Musik und Tanz und Akrobatik und der Duft aus den Garküchen und Menschen, die den Regen willkommen heißen.

Mittwoch, 4. Mai 2016

Die Straße der Kasbahs

Kasbah, so nennen sich heute viele Unterkünfte für Touristen, die den eigenwilligen Baustil der Wehr-Architektur nachempfinden, um ein authentisches Reiseerlebnis zu vermitteln.
Aber eigentlich wurden zwischen dem 17. und 20. Jahrhundert die Befestigungsanlagen im Süden Marokkos von diversen Clans errichtet, um von dort aus das Land zu kontrollieren. Meist saß die Kasbah auf dem höchsten Punkt eines Ksar, eines mauernbewehrten Dorfes, in dem sich mehrere Stammesfamilien in den Oasentälern zusammengeschlossen hatten. Die Wohnburg mit ihren charakteristischen vier Ecktürmen wurde im unteren Teil aus Bruchstein bzw. Stampflehm und im oberen Drittel mit Lehmziegeln in ornamentaler Bauweise errichtet.
Entlang des Dades-Tals sind noch einige dieser mächtigen Lehmburgen erhalten und teilweise zu besichtigen. Wir sind auf dem Weg nach Aït Benhhaddou, um uns eine der Schönsten am Ouet  Mellah anzuschauen.
Auf dem Weg passieren wir das "Rosental" bei El Kelaa M'Gouna. Marokkos liebster Duft wächst hier, und im Mai wird ein Moussem (traditionelles Berberfest mit Reiterspielen und Folkloretänzen) im Namen der Rose veranstaltet. Das erleben wir leider nicht mehr. Dafür unzählige Magazins des  Roses, die so ziemlich alles anbieten, was man aus Rosenelixier herstellen kann. Wir haben unser "Parfüm" schon seit der Wanderung in der Tasche.
Wo die Straße den Fluss verlässt, durchqueren wir eine monotone Landschaft ohne jeden Reiz. Im Nordosten liegen die Flanken des Djebl Sarhro, im Nordwesten die des Hohen Atlas, dazwischen nichts als steiniges Land. Die Sonne hat sich nun ganz und gar hinter dichten Wolken verzogen.
Als wir uns der Stadt Ouarzazate nähern kommt uns die Landschaft auf einmal sehr bekannt vor: diese Oasen haben wir doch schon mal gesehen - in welchem Film? Tatsächlich ist die Filmindustrie schon seit den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts im Süden Marokkos aktiv und in  Ouarzazate sind die Atlas-Filmstudios beheimatet. "Sodom und Gomorrha", "Lawrence von Arabien", "Indiana Jones", "Gladiator" sind nur einige der Filme, die hier gedreht wurden.
Auch der Ksar Aït Benhaddou diente vielen Filmen als Kulisse. Deshalb, und weil die UNESCO Aït Benhaddou als Weltkulturerbe aufgenommen hat und die Erhaltung unterstützt, lohnt ein Besuch unbedingt. Im Gassen- und Treppenlabyrinth säumen die fensterlosen Hausmauern die Wege. Alles ist hier aus Pisé, dem weichen, gefügigen Baustoff, der aus Lehmerde, Wasser und gehäckseltem Stroh hergestellt wird. Die Masse wird zu Ziegeln geformt, in der Sonne getrocknet und der fertige Bau schließlich mit dem gleichen Material verputzt. Es gibt bei den Bauten keine Ecken und Kanten, alles ist abgerundet und weich, selbst den trutzigen Türmen und Zinnen fehlt jede Schärfe. Die geometrischen Ornamente sind alte Symbole der Berber und in deren Glauben besitzen sie schützende Magie.
Trotz des heraufziehenden Regens spazieren wir am Abend noch durch den Ksar, der wirklich sehr malerisch in der Biegung des Flusses thront und von ganz oben einen weiten Blick über die Ebene bietet.
Wir übernachten gegenüber des Ksar in einem der restaurierten traditionellen Lehmhäuser, im Dar Mouna. Sehr schönes Hotel! Modernes Leben mit Wasser, Strom und Internet ist also durchaus machbar in solch einem mittelalterlichen Gebäude.


Dienstag, 3. Mai 2016

Wandern in der Dades Schlucht

Morgens um halb neun wartet Mohamed, unser Wanderführer, im Garten des Hotel Berbère de la Montagne. Mohamed hat nur noch wenige ( schwarze!) Zähne, dafür aber lachende Augen und ist uns auf Anhieb sehr sympathisch.
Über eine angelehnte Leiter klettern wir über die Mauer des Hotelgartens, gehen runter zum Fluss und überqueren auf einem Baumstamm, der mit ein paar Brettchen verbreitert worden ist, den Dades. Es ist mehr ein leise dahinplätschernder Bach, denn es gab im Winter zu wenig Regen. Noch ist jedoch ausreichend Wasser da, um die kleinen Weizen- und Alfalfafelder (Alfalfa=Futter für die Schafe und Ziegen, wir kennen es als Sprossensalat), die zwischen den Felswänden eingeklemmt am Fluss liegen, zu versorgen. Junge Frauen arbeiten in den Feldern und jäten die Kräuter und den Klatschmohn, binden große Bündel und tragen sie hoch zum Dorf für die Tiere. Die Bewässerung der einzelnen Felder geschieht über Sagias. Und damit sind wir "back to the roots", denn wir wandern entlang von Levadas .
Sagia = Levada = uraltes Bewässerungssystem der Berber, das unabhängig von Pumpen funktioniert. Und auch die Anlage der Felder in Furchen und das Dirigieren des Wassers mit Stoff umwickelten Steinen ist das gleiche wie auf Madeira. Der Trail erinnert uns sehr an unsere Wandertouren auf unserer Insel. Die kleinen Felder, die Obst-und Nussbäume, der Fluss, die steilen Felswände, die Einfachheit des Lebens.
Mohamed spricht relativ gut Englisch, erklärt, zeigt, lässt uns Zeit fürs intensive Schauen und Fotografieren und pflückt uns unablässig Rosen. Duftende Damaszener-Rosen! Eine Blüte nach der anderen verschwindet in meiner Hosentasche und wird als duftendes Souvenir mit nach Hause kommen.
Wir sind froh, ihn gebucht zu haben, denn erstens gehen wir nicht auf ausgetretenen Wegen, sondern auf verschlungenen Pfaden, die wir alleine gar nicht gefunden hätten, zweitens kennt er in den Dörfern die Bewohner und wir kommen "as friends":
Immer lachende Gesichter und ein freundliches Salaam Aleikum.
Der Himmel ist bedeckt - das ist nicht ideal zum Fotografieren, aber gut zum Laufen, denn die Temperatur ist sehr angenehm. Nach drei Stunden flussauf- und flussabwärts verabschieden wir uns. "May be you come back, Inschallah, then we go to the nomades, four or five days through the mountains, if you want."
Es kann gut sein, dass wir wiederkommen. 
Marokko, südlich des Atlas-Gebirges bei den Berbern, hat es mir angetan.

Die Schluchten

Nach einem wunderbaren Sonnenaufgang verlassen wir die Dünen und unser komfortables Wüstenhotel und den ganzen Offroad-Trubel am frühen Vormittag. Wieder liegen etwa 300km Fahrstrecke vor uns. Zurück über Rissani und Erfout, um dann entlang der Oasen Richtung Westen zu fahren. Wir passieren kleine und kleinste Dörfer inmitten des Nirgendwo. Fluss, Oase, Straßendorf, Steine, Sand.... und weiter nichts.  Aber in jedem Dorf gibt es eine Schule und es gibt viele Mädchen, die zur Schule gehen dürfen! Nach Schulschluss ziehen die Kleinsten Hand in Hand mit ihrem Rucksack entlang der Straßen, die etwas Älteren sehen wir mit dem Fahrrad rechts und links über Pisten radeln, zu einer Ansiedlung, die auf keiner Karte existiert. In den Dörfern säumen Handwerksbetriebe die Straße, überwiegend Schlosser, Tischler und Automechaniker. Die alten Ksour (Kasbahs auf Berber, festungsähnliche Lehmbauten aus vergangenen Jahrhunderten) entlang der Strecke sind fast gänzlich verfallen. 
Bald wird es ganz einsam. Wo kein Wasser mehr hinkommt, erinnern nur noch Plastiktüten an bewohntes Land. Nur noch Steppe, Wüste, und Plastikmüll.
In Tinghir, wo der Ouet Todra aus den Bergen herunterkommt, blüht eine Stadt in der Oase. Wir verlassen unsere Route, um entlang des Flusses einen Abstecher in die Todra-Schlucht zu machen und werden mit einem schönen Blick über die grüne Stadt mit ihren alten und restaurierten Ksour belohnt. Die Fahrt durch die Schlucht ist lohnenswert, wenn man dem Reisebusrummel entkommen kann. Wir haben Glück um die Mittagszeit und erleben  gerade noch eine, durch den Fluss ziehende, Nomadenfamilie mit ihrer Ziegenherde. Dann kommen  die Busse und wir machen die Biege. 
Zurück auf der Hauptstraße zeigt sich das Zentrum von Tinghir mit einem vierspurigen Boulevard ganz mondän. Am Stadtausgang - wie schon öfter beobachtet - eine Neubau-Geisterstadt, die bei näherer Betrachtung aussieht, als wären es die Überreste nach einem Erdbeben.
Am Nachmittag erreichen wir Boulmane Dades. Auch hier sind mehr oder weniger gut erhaltenene Ksour im Stadtbild zu sehen. Wir folgen dem Ouet Dades flussaufwärts über eine gute Straße, teilweise über grandiose Serpentinen, bis zur Schlucht. Auch hier säumen unzählige Hotels und Auberges die Strecke, aber für die Täler am Südhang des Hohen Atlas ist keine Saison. Wir sind ziemlich alleine unterwegs und können ohne Behinderung jederzeit Fotostopps für die beeindruckenden Berg- und Gesteinsformationen einlegen. 
Die Durchfahrt durch die enge Schlucht des Dades erinnert ein bisschen an Madeira. Man hofft, es kommt kein Stein von oben und kein LKW von vorne. Nach 500 m taucht unser Hotel Berber de la Montagne auf. Ein einfaches, gemütliches Berghotel von wo aus wir am nächsten Tag unsere Wanderung durch die Schlucht starten wollen.

Sonntag, 1. Mai 2016

Markt in Rissani

Sonntag ist Markttag in der kleinen Stadt in der Oase des Ziz. Schon ab der Stadtgrenze fällt auf, dass    alles was Beine hat heute unterwegs ist, Alte, Junge, Frauen, Kinder Männer, Maultiere, Esel, Pferde, Schafe, Ziegen, Hühner, letztere drei auf Karren oder in überladenen Mercedes-Transportern unterwegs. Rund um die Mauern des Souk, in dem die Handwerkwr und Händler ihre festen Quartiere haben, sind die Marktstände mit Obat und Gemüse und der Viehmarkt versammelt. Ein bunter, lebhafter Markt, wo wir uns völlig ungestört hindurch bewegen können, zum Schauen, Fotografieren und um köstliche Apfelsinen zu kaufen.
Dann gehen wir ganz selbstverständlich in den Souk, keiner quatscht uns an, keiner will uns abschleppen, wir stöbern ein bisschen hier, ein bisschen da. beim Kauf einer Pluderhose, wie sie die Berberfrauen tragen, lernen wir Mohammed kennen. Wir ziehen gemeinsam durch den Souk, trinken bei einem Händler mehrere Kannen Tee und feilschen wie echte Berber um die Preise für die schönen Dinge, die wir uns ausgesucht haben.
Ich muss gestehen, dass mir dieses Spiel des Handelns mittlerweile richtig Spaß macht. Piet wurden bereits mehrere Dromedare für mich angeboten, weil ich das Geschäft der Berber so gut kann.
Es geht so: ich sage " das gefällt mir, was willst du dafür haben?" Er (es sind immer Männer, die verkaufen) schreibt einen Preis auf eine Zettel. Ich schreibe weniger als ein Drittel darunter. Er schüttelt belustigt den Kopf, wir trinken einen Tee. Er schreibt einen niedrigeren Preis auf, ich gehe ein wenig nach oben. Wir trinken einen Tee. Das geht eine ganze Weile so hin und her, vielleicht deute ich an, den Kauf ganz abzublasen oder weniger zu nehmen, dann trinken wir wieder einen Tee. Das kann ganz schön lange dauern. Am Ende wird der Kauf mit Hamdschlag besiegelt und es gibt noch mal Tee und alle sind zufrieden.
Mit Mohammed, der die ganze Zeit als stiller Beobachter dabei blieb, gehen wir zum Abschluss noch eine Berberpizza essen. Die gibt es nur in Rissani, wie er sagt. Dann erzählt er von seiner amerikanischen Freundin, dass er in drei Wochen Vater wird und hofft, dass er eine Einreiseerlaubnis nach USA bekommt. Was er dort machen möchte? Mal sehen! Er kann Englisch, Französich, Spanisch, Arabisch, ein bisschen Deutsch und  Italienisch - da wird sich schon etwas finden lassen, Inschallah! Wir wünschen ihm viel Glück.

Die Wüste

Mein Traum von Wüste war die Sandwüste mit ihren hohen Dünen. Einmal im Leben wollte ich dort hinein, auf dem Rücken eines Dromedars, und die Nacht unter dem weiten Sternenzelt verbringen. 
Deshalb sind wir zur Erg Chebbi gefahren. Bereits in Rissani, der letzten Stadt vor der marokkanischen Sahara stellen wir fest, dass wir nicht die Einzigen mit dieser Idee sind: jede Menge Safari-Offroader und Normaltouristen wie wir kaufen hier Proviant und Wasser. 
Auf einer gut befestigten Straße, die nur selten ein paar Sandverwehungen hat, durchqueren wir danach eine graue Steinwüste bis kurz vor Merzouga. Am Straßenrand ein Schilderwald von Auberge, Kasbah, Camping - alle in Richtung der  hohen Sanddünen. Die letzten zwei Kilometer zu unserem Treffpunkt für den Wüstenritt, die Kasbah Mohayout, fahren wir erstmals Piste, allerdings gut befestigt!

Zwei Stunden vor Sonnenuntergang machen wir uns startklar: feste Schuhe, lange Hose, warme Jacke im Rucksack, Taschenlampe, Fotoapparat und unbedingt ein Tuch als Schutz für Kopf und Gesicht gegen den Sand. Wenn jetzt die Idee aufkommt, eine kleine Karawane würde in die Wüste ziehen - weit gefehlt. Die Kasbahs stehen wie Perlen an der Schnur in der Oase, Hunderte von Dromedaren ziehen mehr oder weniger gleichzeitig los, Quads knattern wild über die Dünenränder, die Geländewagen brettern in gemäßigter Entfernung vorbei. Außerdem fliegen auch hier die Plastikfetzen über den Sand. Das hat mit meinen Träumen von Weite und Stille und Erhabenheit nichts zu tun, es ist fast ein Albtraum. 
Nun sitzen wir aber auf diesen freundlichen Tieren und schaukeln eine Stunde durch den Sand. Unsere Karawanenteilnehmer sind muntere Zeitgenossen, die auch nicht viel vom Stillsein halten. Unser Camp dagegen, das wir nach etwa einer Stunde mit schmerzendem Pobacken erreichen, ist eine nette Überraschung. Wir haben ein eigenes Schlafzelt mit sauberem Bett, eine sehr hygienische Toilette und Waschgelgenheit und eine fast 100 Meter hohe Düne vor uns, auf die wir uns nun zu Fuß hochkämpfen, um den Sonnenuntergang zu erleben. Die jüngeren Teilnehmer haben sich ein bereitstehendes Sandboard mit hoch genommen und verkürzen sich die Wartezeit mit Dünenabfahrten. 
Wir fühlen uns wie im Disneyland. Und ich bin traurig, weil ich erlebe, wie ein kleines, kostbares Stück dieser Welt verschwinden wird. Aber ich bin auch glücklich, hier zu sein, denn diese Nacht in der Wüste ist trotz allem ein unvergessliches Erlebnis.
Ein kleines Sandstürmchen hat über Nacht alle Spuren verweht, im frühen Morgengrauen, ist es wirklich noch sehr still - auch die anderen Reisegenossen halten mal die Klappe. Unsere freundlichen Berber, die uns begleiten haben Tee gekocht, dann holen sie die "Taxis" für den Ritt zurück zum Kasbah-Hotel.